Jutta Voss

  • Evangelische Theologin
  • Psychologische Psychotherapeutin und Dipl. Psychoanalytikerin (C. G. Jung)
  • Autorin von Das Schwarzmond-Tabu (1988), Frauenrequiem (1989), Was ich denke (1995) und Kann denn Gehorsam Sünde sein (2005),
  • Forscherin und Referentin von weiblichen Mythen, vorpatriarchalen Religionsformen, von mythologischen Tänzen und alten Riten, von gynzentrierter Kultur- und Religionskritik

Für uns Frauen von kreisprinzip ist Jutta Voss diejenige, die unsere Arbeit mit Frauenkreisen, Tänzen und Mythologie am stärksten beeinflusst und geprägt hat. Für viele hat sie darüber hinaus auch entscheidende Impulse für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und des Weltbildes gegeben. Ihre Art das zyklische Prinzip in Welt und Kosmos in den Farben Schwarz – Weiß – Rot sichtbar zu machen und sowohl psychische, biologische und historische Entwicklung, Riten, Symbole und Tänze nach diesem Schema einzuordnen und erfahrbar zu machen, ist die Grundlage unserer Arbeitsweise. Die Benennung des Tabus um Menstruation und Körper der Frau und die Wiederentdeckung von Bildern und Mythen, die das Weibliche in den Mittelpunkt von Religion und Wertesystem stellen, heilt und stärkt Frauen.

Vielfältige Gaben und Bedingungen haben Jutta Voss zur Autorin des Schwarzmondtabu, zur Lehrerin für weibliche Mythologie, zur Lehrenden für Heilpraktiker°innen, zur Psychoanalytikerin und zu der beeindruckenden Persönlichkeit gemacht, die wir in unseren Ausbildungen und Wochenenden erleben durften. Die Biografie einer Frau mit einem so vielfältigen Leben wie Jutta Voss kohärent beschreiben zu wollen, ist herausfordernd und doch wollen wir hier ein paar Ereignisse zusammentragen, die uns ein Bild zeichnen von ihrem Werden und Wirken.

Geboren 1942 in Graz mitten hinein in den Krieg, erlebte sie eine Kindheit mit den Unsicherheiten und Schicksalsschlägen der Nachkriegszeit. Sie wuchs in einem christlichen Elternhaus auf. Entsprechend dem Zeitgeist geht nur der einzige Bruder aufs Gymnasium, die Mädchen machen einfache Schulabschlüsse. Jutta Voss lernt Buchhaltung und stellt sich bald auf eigene Füße. Sie schafft es finanziell unabhängig zu sein und nicht nur das, sondern studiert abends dazu noch Gesang. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt für sie als Opernsängerin mit Engagements am Oldenburgischen Staatstheater und an der Staatsoper Hamburg. Eine längere Zeit mit Krankheit, Arbeitsunfähigkeit und Berentung beendet diese Zeit. Trotz Berentung setzt sie durch, auf dem Zweiten Bildungsweg Pfarrerin zu werden, als erste Frau studiert sie Theologie im Botnanger Lehrgang. Sie wurde von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg übernommen und in den Jahren von 1975-1978 ist sie als Gemeindepfarrerin und danach von 1978-1988 als Krankenhauspfarrerin und Seelsorgerin tätig. Die Arbeit dort mit krebskranken Frauen hat großen Einfluss auf ihre Entscheidung Psychoanalyse zu studieren und ihre feministische Entwicklung. Sie studiert in der Schweiz Psychoanalyse nach C. G. Jung, da es für sie als Pfarrerin nur noch dort möglich ist. Ihre Abschlussarbeit am C. G. Jung Institut wird 1988 als Buch verlegt: Das Schwarzmond-Tabu. Nach Erscheinen des Buches wird ihr nahegelegt ihre Ordination „freiwillig“ zurückzugeben. Woraufhin sie sich zwei Jahre beurlauben lässt. Zu dieser Zeit gründet sie das Institut für Gynenergetik und beginnt ihre Arbeit mit Frauen als freiberufliche Kursleiterin und Psychoanalytikerin. Als sie wieder ein Pfarramt ausüben möchte wird sie als „nicht tragbar“ für eine Gemeinde in den Wartestand versetzt. Es folgt 1990-93 ein Lehrzuchtverfahren der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und sie wird wegen der Aussagen im Schwarzmond-Tabu der Irrlehre bezichtigt. Jutta Voss kommt einem Urteilsspruch zuvor und verzichtet 1993 „freiwillig“ auf ihr Ordinat und verliert damit nicht nur ihre Anstellung, sondern darüber hinaus ihre Rentenansprüche aus ihrer kirchlichen Arbeit. Die Erfahrungen dieser patriarchalen Machtstrukturen am eigenen Leib prägen Jutta Voss und ihre Sicht auf die Gesellschaft. Sie verarbeitet die Vorgänge und Erkenntnisse in den Veröffentlichungen Frauenrequiem (1989) Was ich denke (1995) und Kann denn Gehorsam Sünde sein (2005). Noch während des Verfahrens beginnt sie ab 1992 mit dem Aufbau des Zentrums für weibliche Mythologie im Haus Menucha, eine Ausbildungs- und Forschungsstätte für Frauen. Sie ist Mitbegründerin des Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF) 1993. Im Haus Menucha gibt es ein Angebot von analytischen Therapiekursen, Jahresgruppen in Traumdeutung, Meditation und mythologischem Tanz. Ab 1998 entwickelt Jutta die zweijährige Ausbildung Weibliche Mythen, Tänze und Rituale. Inhalte: Mythologische Tänze, Symbole, Mythen aus dem hebräischen, sumerischen, ägyptischen und griechischen Raum in ihrem historischen Kontext, besonderer Schwerpunkt die Mysterien von Eleusis in Mythologie, Prozession, Ritual und Tanz. Ab 2005 folgt eine zweijährige Weiterbildung zur Tanzleiterin für mythologischen Tanz. Inhalte: Tanzleitung, Tanzdidaktik, Tanzschrift, Didaktik von Mythen, Mythodramakonzepte, Ritualkonzepte, Gestaltung und Durchführung eines zyklischen Prozesses mit mythologischen Tänzen. Nach drei Durchgängen und einem Master Kurs in Cycle Ceremony schließt Jutta Voss das Haus Menucha, zieht nach Norddeutschland und lebt dort ihren „Unruhestand“ am Meer.