Helene Streicher
Auf einem Bauernhof in einem kleinen Dorf in Niedersachsen aufgewachsen, waren für mich der Wechsel der Jahreszeiten und die zyklischen Prozesse in der Natur immer selbstverständlich. Geprägt wurde ich auch durch eine protestantische Erziehung mit einem hohen Arbeitsethos und einer strengen Körper- und Lustfeindlichkeit. Eine Frau sein hieß für mich lange kämpfen, genauso gut oder besser zu sein als Männer. Enttäuscht von der Kirche, in der mein Wissensdurst nicht gestillt wurde, wandte ich mich im Studium der Politik zu. Mitgerissen von der 68iger Aufbruchstimmung, wollte ich die Welt verbessern. Als wichtige Erfahrung aus dieser Zeit habe ich für mich die Erkenntnis der Notwendigkeit politischen Handelns bewahrt.
Später, in meiner Arbeit als Allgemeinärztin und als Psychotherapeutin wurde ich mit den Problemen von Frauen in dieser Gesellschaft hautnah konfrontiert. Entsprechend meiner Überzeugung „das Private ist politisch“ habe ich angefangen, Vorträge nach dem Dialogprinzip zu gesundheitlichen Frauenthemen, wie z.B. Wechseljahre, Brust und Menstruation, zu halten und diese Themen damit öffentlich und sichtbar zu machen. Es blieb jedoch eine Unzufriedenheit und es nagte an mir ein unbewusster Hunger.
In der Ausbildung bei Jutta Voss (Autorin von „Das Schwarzmondtabu“) in weiblicher Mythologie und Tanz habe ich einen Zugang zu meiner bis dahin ausgeblendeten weiblichen Seite gefunden. Mit den Kreistänzen nach dem zyklischen Prinzip (nach Jutta Voss) habe ich meinen Körper positiv erfahren, meine Sinnlichkeit spüren können und mich eingebunden fühlen können in ein großes Ganzes.
In Bremen biete ich regelmäßige Tanztage für Frauen an. Kreistänze nach dem zyklischen Prinzip bieten für mich immer wieder die Möglichkeit, gesellschaftliche Normen und persönliche Blockaden aufzuspüren und zu hinterfragen. Diese gemeinsame Arbeit in Frauentanzkreisen macht mich zufrieden und gibt mir innere Stabilität.
Kreistänze lassen Gemeinschaft entstehen, darum tanze ich auch im öffentlichen Raum, z.B. auf dem Bremer Marktplatz anlässlich des Gedenkens an Hiroshima, oder auf der „LUCIE“ einem öffentlichen Garten in der Bremer Neustadt. Damit mache ich das zyklische Prinzip auch in der Öffentlichkeit präsent, sichtbar und erfahrbar.
An kreisprinzip begeistert mich die Möglichkeit, mit engagierten Frauen Arbeitsweisen und Umgangsformen zu entwickeln, die dem zyklischen Denken entsprechen und damit auszusteigen aus einem einseitig linearen und hierarchischen Prinzip.
Dr. Marie-Helene Streicher
Psychotherapeutin, Ärztin
Tanzleiterin
Mutter von drei Kindern